Zuletzt habe ich euch meine Lederjacke vorgestellt. Doch während des Nähens sind mir so einige Dinge bewusst geworden. Ein wichtiger Punkt allerdings fiel mir erst auf, als sie schon fertig war und ich das Ausmaß meines noch unbemerkten Fehlers entdeckte. Im Folgenden möchte ich euch deshalb ein paar Tipps zur Verarbeitung von Kunstleder geben. Da das alles auf meinen eigenen Erfahrungen basiert, bin ich mir sicher, dass nicht alles wirklich professionell ist, ich komme aber gut mit den Techniken und Hilfsmitteln zurecht.

1. Eine geeignete Nähnadel
Zu meiner Zeit als Nähanfänger habe ich fast ausschließlich Taschen und kleine Täschchen genäht und deshalb schon früh Erfahrungen im Verarbeiten von Lederimitat gesammelt. Damals habe ich auch irgendwo einmal gelesen, dass man zum Nähen von Kunstleder am besten eine Jeansnadel verwenden sollte. Ledernadeln sind nicht dafür geeignet, da sie in das Material schneiden und somit das Gewebe zerstören. Außerdem habe ich bei Farbenmix eine Auflistung vieler Nähmaschinennadeln entdeckt und dort wird eine Microtexnadel für Kunstleder empfohlen. Das muss ich bei Gelegenheit auch einmal testen.
2. Geeignetes Material

Kunstleder ist nicht gleich Kunstleder, deshalb gibt es auch bei der Materialwahl einiges zu beachten. Einen wirklich guten Beitrag dazu habe ich vor einiger Zeit bei Hansedelli gefunden. Dort findet ihr einen Kunstleder Guide. Schaut unbedingt mal vorbei, denn dort könnt ihr einige sehr nützliche Tipps zur Wahl des Kunstleders finden. Es lohnt sich! Ein Beispiel für schlechtes Kunstleder findet ihr demnächst auf meinem Blog.
3. Ein geeignetes Nähfüßchen

Im Internet kursieren einige hilfreiche Tipps bezüglich der Verwendung von Nähfüßchen in der Lederimitatverarbeitung. Bestimmt habt ihr schon einmal davon gehört, Kreppklebeband oder Washitape auf die Unterseite des Füßchens zu kleben. Dadurch gleitet das Füßchen etwas besser über das Material. Eine andere Option wäre, Backpapier oder normales Papier zwischen Kunstleder und Nähfüßchen – gegebenenfalls auch unter das Kunstleder – zu legen, um den Transport sicherzustellen. Auf die gleiche Art kann man wasserlösliches Stickvlies verwenden, was meiner Erfahrung nach ein bisschen besser funktioniert. Alles in Allem bin ich jedoch von keiner Methode vollkommen überzeugt. Mein Favorit ist definitiv das Teflonfüßchen. Es gleitet über das Kunstleder, wie ein normaler Fuß über Baumwolle. Je nach Maschine ist das Spezialfüßchen zwar leider nicht immer günstig, aber das wunderschöne Nahtergebnis und Nähgefühl sind die Anschaffung absolut wert.
4. Die Stichlänge

Jeder, der schon einmal Kunstleder oder Wachstuch vernäht hat, wird sowieso schon wissen, wie wichtig die Wahl des Stiches ist. Wählt immer einen etwas längeren Stich aus, um das Material nicht zu sehr zu perforieren und somit das Reißen an der Naht zu verhindern. Ich nutze meist eine Stichlänge von 3 mm und zum anschließenden sichtbaren Absteppen auf der Oberseite 3,5 bis 4 mm. Außerdem müsst ihr in den meisten Fällen die Fadenspannung ein wenig ändern.
5. Konzentriert und Sorgfältig arbeiten
Das Nähen von Kunstleder hinterlässt Löcher im Material. Dies gilt vor allem dann zu beachten, wenn man etwas wieder auftrennen möchte. Hier würde ich immer versuchen, höchst konzentriert zu arbeiten, um ein Auftrennen möglichst zu vermeiden. Die Löcher würde man sonst sehen. Muss man allerdings etwas auftrennen, weil man eine Stofflage oder einen Reißverschluss vergessen hat, dazwischen zu legen und wieder an der selben Stelle eine Naht setzen möchte, kann man die alte Naht auftrennen und anschließend mittels Handrad versuchen, die alten Löcher wieder zu treffen.
6. Stoffklammern statt Stecknadeln

Zum Thema Löcher im Kunstleder muss natürlich auch darauf hingewiesen werden, dass möglichst keine Stecknadeln verwendet werden. Diese hinterlassen unschöne Löcher im Kunstleder, die man dauerhaft sieht. Stoffklammern, auch Wonderclips genannt, eignen sich deshalb besser zum fixieren des Materials. Alternativ und vor allem für Bereiche, die nicht mit Klammern fixiert werden können, lässt sich gut Wondertape, Stylefix oder jedes andere doppelseitige Klebeband verwenden. Hier solltet ihr allerdings darauf achten, dass ihr das Klebeband nicht direkt auf der Nahtlinie verwendet, sondern in der Nahtzugabe, da sonst Klebereste an der Nähnadel haften und das Nähen dadurch erschwert wird.
Das solltet ihr bei einer Jacke mit Futterstoff unbedingt vermeiden

Wie bereits ein paar Mal erwähnt, ist mir beim Nähen meiner Lederjacke ein drastischer Fehler unterlaufen. Der Stehkragen war bereits mit dem Beleg am rückwertigen Halsausschnitt innen an die Jacke genäht und abgesteppt und das Futter soweit vorbereitet, dass es in die Jacke eingenäht werden konnte, da fiel mir ein, dass ich einen Aufhänger einnähen wollte. Vorgesehen war das zwischen Stehkragen und Beleg. Da das nun zu spät war, machte ich mir keine weiteren Gedanken darüber und nähte ihn Kurzerhand zwischen Futter und Beleg. So weit so gut. Nachdem ich die Jacke etwa eine Woche täglich getragen und auch fleißig am Aufhänger aufgehängt hatte, bemerkte ich, wie sich das Futter an der rückwärtigen Mittelnaht trotz ausreichender Bewegungsfalte auftrennte. Auch am Ärmelansatz löste sich das Futter auf, allerdings ebenfalls nur am Rückenteil. Das Vorderteil, sowie die Ärmel selbst blieben unbeschädigt. Voller Verzweiflung und enttäuscht malte ich mir schon aus, die Jacke wegwerfen zu müssen, weil ich den Fehler in der Qualität des Futterstoffes suchte. Doch mit einem Schlag kam dann die Erleuchtung. Das Futter löst sich nur an Stellen auf, die großer Kraft ausgesetzt sind. In diesem Fall ist das die Kraft, die sich durch das Aufhängen der Jacke am Aufhänger auf die Nähte im Futter überträgt. Das heißt, die gesamte Last der Jacke hing an den Nähten im Futter, da ich den Aufhänger an das Futter genäht hatte. Dadurch entstand eine ungleichmäßige Kraftverteilung. Hätte ich den Aufhänger, wie anfangs vorgesehen, in die Naht des Stehkragens genäht, hätte ich alles absteppen können und die Kraft hätte sich gleichmäßiger aufgeteilt, bzw. mehr auf den robusteren Außenstoff als auf das Futter übertragen.

Leider kann ich nach ausgiebigem Testen des Futterstoffs nun auch sagen, dass der Stoff von schlechter Qualität war. Der Kauf des Futters liegt schon etwas zurück, so dass ich mich weder erinnern kann, wo ich ihn gekauft habe, noch wie viel ich dafür bezahlt habe. Bei einer weiteren Jacke wollte ich dem Futterstoff noch eine letzte Chance geben und hab deshalb die Taschen der Jacke aus diesem Futterstoff angefertigt. Leider hat sich auch hier der Stoff vollkommen aufgelöst, sodass ich jetzt an Stelle der Taschen nur noch Fäden und Stofffetzen habe. Also: Augen auf beim Futterkauf!
Diese beiden Fehler werde ich wohl nicht noch einmal begehen. Und ihr wisst jetzt, worauf ihr beim Einnähen eines Aufhängers achten müsst und wie wichtig die Wahl des Futterstoffes ist. Habt ihr auch noch ein paar nützliche Tipps zur Kunstlederverarbeitung? Dann schreibt sie mir gerne in einen Kommentar oder auch per Email.
Bis bald,
Tessa
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